VELOSZENE SCHWEIZ 12/98

Nur noch eine Frage des Geldes?

Alex Zülle ist zwar gesperrt – jetzt hat er dennoch einen gut dotierten Vertrag bei der spanischen Sportgruppe Banesto erhalten. Zuvor drohte ihm bei Festina eine Lohneinbusse bis zu 75 Prozent. Aber auch Weggefährte Laurent Dufaux, den bei Festina das gleiche Schicksal ereilt hätte, ist zu guten Konditionen bei Saeco untergekommen. Ende gut, alles gut?

Mitnichten: Die jüngsten Transfergeschichten werfen ein ziemlich schiefes Licht auf einen Radsport, dessen Exponenten noch immer nicht müde werden, zu beteuern, dass ihre Sportart sauber ist. Wie aber lässt sich diese Aussage mit den hochdotierten Engagements der beiden Epo-Konsumenten vereinbaren? Wenn die Ethik im Sport wirklich noch etwas zählen würde und alle anderen Fahrer im Feld tatsächlich ohne leistungsfördernde Substanzen fahren würden, müssten die geständigen Festina-Fahrer in der «sauberen» Profi-Branche doch für immer geächtet werden.

Doch weit gefehlt. Es ist auch kaum anzunehmen, dass Zülle und Dufaux wegen ihrer Ehrlichkeit engagiert worden sind. Da drängt sich doch der Verdacht auf, dass im Radsport in punkto Doping alles beim altem bleiben wird. Denn gemäss Aussagen der Akteure lassen sich die Strapazen im Radsport ohnehin nicht mehr ohne den Support von Ärzten und die Produkte der Pharmaindustrie ertragen. Was ja eigentlich logisch ist, wenn niemand den ersten Schritt Richtung Doping-Abstinenz wagt. Der Strassenradsport befindet sich in einem Teufelskreis; durchbrechen will ihn niemand. Zu viel Geld steht auf dem Spiel. Zu gross ist die Gefahr, alleine dazustehen, weil man sich keinen (Doping-)Vorteil zunutze gemacht hat.

Tatsächlich muten die Geständnisse der Festina-Fahrer während der Tour de France naiv und nutzlos an. Glaubte man anfangs, tatsächlich den Grundstein für die Trockenlegung des Dopingsumpfes gelegt zu haben, entpuppt sich diese Hoffnung zunehmend als Illusion. Die positive Resonanz der Radsportanhänger zu Gunsten der überführten Dopingsünder spiegelt den Trend, der sich auch in unserer Gesellschaft bemerkbar macht: Der Zweck heiligt die Mittel; nur das Resultat zählt. Wie man es erreicht hat, interessiert in unserer schnellebigen Zeit ohnehin schon bald niemanden mehr.

Soll man Doping also freigeben? Wohl wäre es der ehrlichste Weg – jedenfalls aufrichtiger als die vorgeschlagenen Alibiübungen des Internationalen Radsportverbandes UCI (Biopass, ein Arzt pro Team), der ohnehin die falsche Instanz zur Bekämpfung des Dopingübels ist. Eine Firma leitet schliesslich auch keine Massnahmen in die Wege, die der Attraktivität ihres Produktes schaden zufügen könnte und den Ertrag schmälert. Gefragt ist eine unabhängige Instanz – wie im vergangenen Sommer die französische Justiz.

Eine Dopingfreigabe wäre für den Nachwuchs, der sich die Stoffe dann ohne ärztliche Betreuung einverleiben würde, ein Tanz auf Messers Schneide. Mit welch fatalen Folgen zeigen die zahlreichen toten Spitzensportlerinnen und Sportler, die in der Vergangenheit «überraschend» und jung an Herztod gestorben sind.

Es gibt nur eine dauerhafte Lösung: Die kompromisslose Ächtung des Dopingmissbrauches. Dazu müssen raschmöglichst verbindliche Gesetze und griffige Testmethoden geschaffen werden, die von unabhängigen Instanzen durchgesetzt werden. Die jugendlichen Sportler müssten mit einer umfangreichen Kampagne vor allem über die schädlichen und gefährlichen Nebenwirkungen des Dopingmissbrauches aufgeklärt werden. Und das Thema darf in Zukunft weder tabuisiert noch totgeschwiegen werden. Nur so werden wir in Zukunft einigermassen die Gewähr haben, dass der Sport wieder sauber wird. Ganz wird sich das Übel wohl ohnehin nicht ausmerzen lassen. Auch in der Wirtschaft werden immer wieder mit zweifelhaften Mitteln Millionengewinne realisiert — nicht selten auf Kosten der Kleinen.

Martin Platter

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